Honey Bunny

Vocals

E r hielt ihr die rotglänzenden Würfel vor´s Gesicht. Honey Bunny pustete rasch und blinzelte ihrem fettleibigen Glücksritter verführerisch zu. Wie sie jene Gönnerhaftigkeit dieser Machos hasste. Glaubten diese Typen doch tatsächlich, sie könnten junge hübsche Ladys, wie sie, mit etwas Geld an der Stange halten.

D ie neugierigen Casinogäste drängten sich um den schmalen Würfeltisch. Eine Sieben und er würde 100.000 Dollar gewinnen. Es schien als ob das gesamte Spielcasino den Atem anhielt, als er zum entscheidenden Wurf ansetzte. Lediglich die Geldspielautomaten im Hintergrund durchbrachen mit ihren elektronischen Jahrmarktmelodien die spannungsgeladene Stille. Honey Bunny wusste, er würde so oder so verlieren. Selbst wenn er am Spieltisch gewann, würde sie ihn noch in dieser Nacht vollkommen ausnehmen. Nach Auszahlung des Gewinns, würde sie ihm einen nächtlichen Ausflug mit einer Luxuslimousine zum „Hoover Dam“ vorschlagen. Sie würde mit ihm romantisch am dunklen Abgrund entlang flanieren und ihren halbbetrunkenen Begleiter überreden, sich mit ihr, abseits des Blickfeldes anderer Passanten, auf die Brüstung des Dammes zu setzen. Er wäre, wie schon Unzählige vor ihm, ihrem Charme vollkommen verfallen. Sie würde sich lieblich an ihn schmiegen und ihm einen Abschiedskuss auf die Wange drücken. Ein kleiner Schubs und Honey Bunny wäre wieder um 100.000 Dollar reicher.

D ie Würfel flogen wie im Zeitraffer durch die Luft und prallten gegen die hintere Bande des filzgrünen Spieltisches.
Die Zuschauermenge entlud ihre gesamte Anspannung in einem gebündelten Aufschrei.
Sie grinste schelmisch in sich hinein.
Die Sieben lag oben.

“Cut! – Aus!“ rief der Regisseur und riss seine Baseballkappe vom Kopf. Die Hotel- Security zerrte gerade einen frisch ertappten Automatenbetrüger genau durchs Bild. „Können diese Idioten nicht hinter den Kameras vorbeigehen?! Also noch einmal! Auf Anfang!“.

H oney Bunny positionierte sich wieder neben ihrem Schauspielkollegen am Würfelspieltisch. Es war bereits der Siebte „Take“ dieser Szene.

H oney Bunny wurde als Tochter von Schaustellereltern auf einem Hausboot in Amsterdam/ Holland geboren. Schon früh entdeckte sie ihre Begabung zur Schauspielerei. Unter dem Einfluss ihrer Hausbootnachbarn, einer musizierenden Großfamilie, übte Honey Bunny sich auch beständig im Gesang. Als das Hausboot ihrer Familie eines Nachts leckte und sank, hielt Honey Bunny nichts mehr in ihrer Heimat. Sie machte sich auf nach „Hollywood“, um ihre Schauspielkarriere voranzutreiben. Rasch etablierte sich das europäische Bühnentalent und stieg blitzschnell zu einer der gefragtesten Schauspielerinnen und Sängerinnen ganz Amerikas auf.

A ls Honey Bunny von Mr.Wulf in Las Vegas angesprochen wurde, ob sie nicht kurzfristig als Sängerin bei „The Jokers“ für jenen bedeutenden Abend als Vorband von „Tom Jones & The Stereophonics“ einsteigen wolle, war sie gerade im Begriff den 18. „Take“ einer Casinoszene für ihren neuen Film zu drehen.

Seither ist Honey Bunny Show- Expertin und Sängerin bei „The Jokers“. *